Wie Der Bund der Raben entstand

Seit der Veröffentlichung von Die Rückkehr des Wolfes sind nun sechs Jahre vergangen. Manche haben mich gefragt, warum das denn so lange dauere mit dem Roman Der Bund der Raben, der schließlich seit langem angekündigt ist. Ich möchte mich hier nicht rechtfertigen, sondern einfach nur berichten, was ich seitdem gemacht habe.

Nachdem ich den letzten Punkt unter Die Rückkehr des Wolfes gesetzt hatte, habe ich zunächst eine Fortsetzung entworfen. Ein einziges Kapitel habe ich auch tatsächlich geschrieben. Im Mittelpunkt standen die Brüder Maidetrin und Nugrinân, die in der Rückkehr noch verfeindet gewesen waren und die nun auf einer Burg bei Radhramon zusammenkamen und sich miteinander austauschten. Doch ich wusste nicht recht, wohin mit der Geschichte. Irgendwann habe ich den Entschluss gefasst, die Welt Elva endlich über Bord zu werfen und mit etwas ganz Neuem zu beginnen.

Ich nahm also mein Kapitel mit Maidetrin und Nugrinân und schrieb es um - verlegte das Ganze in eine andere Welt namens Norlan und gab den beiden die Namen Ricardo und Renato, Brüder aus miramienischem Adel. Maidetrins Sohn aber, dem ich in der Urfassung den Namen Laurin gegeben hatte, durfte diesen Namen behalten. Wer jetzt aber in allen Personen und Völkern Norlans nach Parallelen zu den handelnden Figuren Elvas sucht, wird keine entdecken - es gibt ansonsten keine, jedenfalls keine beabsichtigten.

Renato und Ricardo tagten also auf Burg Nymadhin am Rande des Scheidegebirges. Im Zuge der weiteren Handlung ging Laurin in die Stadt Dhor, lernte dort unfreiwillig den ihm verhassten Baldhur kennen und wurde Zeuge des Überfalls der Haronen. Bard führte ihn sodann durch den Wald nach Farnese. Doch kurz vor dem Ziel wurden sie von den Haronen abgefangen - eine Falle, der sie nur durch das Eingreifen Basilios entkamen, der als einsamer Wanderer im Wald umherstreifte.

Moment, wird nun mancher denken. Diesen Teil kenne ich überhaupt nicht! Richtig, ich habe 150 Seiten aus dem Buch wieder rausgestrichen. Eine radikale Maßnahme, die aber notwendig war. Zum einen wurde hier Laurin als zentrale Hauptfigur aufgebaut, die er später nicht mehr war. (Die Figuren Dharana und Cardhen hatte ich noch nicht einmal angedacht, geschweige denn in den Roman eingebaut.) Zum anderen verhielten sich in vielen Kapiteln Basilio, Ricardo, Laurin und allen voran Havar in einem so krassen Widerspruch zu ihren Charaktereigenschaften, wie ich sie später festlegte, dass später ein Neuschreiben wohl ohnehin erforderlich gewesen wäre. Da habe ich den ersten Teil lieber ganz über Bord geworfen.

Was auf diesen ersten Teil folgte, war der Teil Flüchtlinge, der in der Endfassung zum ersten Teil wurde. Aber auch hier ging es wenig stringent weiter. Wieder folgte der Leser vor allem Laurin, der in einer (wie ich jetzt finde) ermüdenden Abfolge von Kapiteln zwischen Miramia und Farnese hin und her ritt, mit Bartolomeo von Miramia konferierte und zwischendurch immer wieder Havar traf. Weder Baldhur noch Cardhen noch Dharana kamen vor. Und dann beendete ich das Ganze erstmal und legte es für über ein halbes Jahr ganz auf Eis - ein halbes Jahr, in dem ich nichts schrieb als den Prolog, in dem das Schiff der Südländer durch einen Orkan zum Kentern gebracht wird.

Irgendwann setzte ich mich hin und schrieb den Satz: Als Dharana ihre Stiefmutter begrub, hatte sie keine Tränen mehr übrig, die sie noch vergießen konnte. So begann der neue Handlungsstrang mit Laurins Schwestern. Während ich den Laurin-Strang bestimmt zigmal umgeschrieben habe, ist dieser die ganze Zeit nahezu unverändert geblieben. Die Wanderung durch die Berge ins Rote Land, die Geburt des Kindes aus der Prophezeiung, die Sammlung der Kriegerinnen zu einem Rachefeldzug - das alles hatte ich fertig entworfen, und es war wohl die beste Idee, die ich bis dahin für dieses Projekt hatte, das ich schon als gescheitert betrachtet hatte.

Und dann ging es weiter: Baldhur wurde wieder eingeführt, der Rabenbund nahm Gestalt an und so weiter. Und als alles fertig war, musste nicht nur der erste Teil gestrichen, sondern auch etliche Kapitel aus dem zweiten (jetzt ersten) Teil rausgeworfen, gekürzt und geglättet werden. Der Rest ging wie von selbst. Ich habe also eigentlich nicht sechs Jahre zum Schreiben für den Bund der Raben gebraucht, sondern vier Jahre an den ersten paar Kapiteln rumgedoktert und dann die restlichen 90 % der Geschichte runtergeschrieben.

Falls jetzt also jemand befürchtet, dass es mit dem Warten auf den nächsten Band ebenso lange dauern könnte, kann ich ihn beruhigen: Der dritte Band ist bereits fertig getippt, der vierte ist in Arbeit, und was noch geschehen muss, um ihn zum Abschluss zu bringen, liegt klar und deutlich vor mir. Aber bitte versteht, dass ich einen Teufel tun werde, einen Termin für die Fertigstellung zu nennen. Wenn es so weit ist, erfährt man es: hier, auf dieser Website.